Kommunale Sperrklauseln

Olaf Jung
Rede Haushalt und Finanzen

Herr Bürgermeister, meine Damen und Herren,

schon seit zwanzig Jahren hadert die SPD mit der Rechtsprechung der Verfassungsgerichte zu kommunalen Sperrklauseln. Es begann im September 1994, als der Verfassungsgerichtshof für das Land Nordrhein-Westfalen (VerfGH) den Landtag dazu verdonnerte nach Einführung der Direktwahl von Bürgermeistern zu prüfen, ob die damalige Fünfprozenthürde für die Wahl der Gemeinderäte noch aufrechterhalten bleiben könne. Der Verfassungsgerichtshof für das Land Nordrhein-Westfalen war mit Qualität und Ergebnis dieser Überprüfung nicht zufrieden und erklärte im Juli 1999 die Sperrklausel für Kommunalwahlen in NRW für verfassungswidrig. Damit konnte sich auch die CDU nicht abfinden und unternahm vor den Kommunalwahlen 2009 einen neuen Anlauf. Während die SPD schon damals eine 3-Prozent-Klausel forderte, beschloss die damalige Landesregierung aus CDU und FDP eine Ein-Sitz-Hürde, die bei der Sitzverteilung alle Parteien unberücksichtigt lassen sollte, die nicht mindestens einen rechnerischen Sitzanspruch von 1,0 erreichen. Aber auch diese Mini-Sperrklausel wurde vom Verfassungsgerichtshof für das Land Nordrhein-Westfalen schließlich als verfassungswidrig verworfen.

Die Rechtslage in Sachen kommunaler Sperrklauseln ist aufgrund der zahlreichen verfassungsgerichtlichen Entscheidungen eigentlich ziemlich klar: Artikel 28 Absatz 1 Satz 2 Grundgesetz schreibt füralle Bundesländer verbindlich vor, dass Kreise und Gemeinden eine Volksvertretung haben müssen, die aus gleichen Wahlen hervorgegangen ist. Eine Sperrklausel stellt einen Eingriff in diese Wahlgleichheit dar. Als eine hinreichende Rechtfertigung akzeptieren die Verfassungsgerichte dabei aber „nur die mit einiger Wahrscheinlichkeit zu erwartende Beeinträchtigung der Funktionsfähigkeit der kommunalen Vertretungsorgane“. Der funktionsfähige Gladbecker Rat ist jedoch ein gutes Beispiel für das Gegenteil. Ratsherr Hübner verdreht mit seinem in die Diskussion eingebrachten Argument der Wählerstimmen pro Ratsmandat die Realität. Durch eine Sperrklausel würden diese Verwerfungen noch größer. Bei Einbeziehung der direkt gewählten Ratsmitglieder muss man feststellen, dass die niedrigste Hürde für ein Ratsmandat bei 343 Stimmen liegt, hieran würde auch eine Sperrklausel nichts ändern.

Ich möchte an dieser Stelle an alle Ratsmitglieder bitten richten, die Landesregierung nicht zu einem Verstoß gegen das Grundgesetz aufzurufen. Vielen dank für ihre Aufmerksamkeit.

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