Rede zum Haushalt 2019

Olaf Jung
Rede Haushalt und Finanzen

Sehr geehrter Herr Bürgermeister,

sehr verehrte Damen und Herren,

das politische Jahr endete für die LINKE mit den Spätfolgen einer Fehlentscheidung aus dem Jahr 2015. Der Rat hat sich damals auf Basis völlig unzureichender Prognosen von Ernst & Young für ein PPP-Model für den Neubau und Betrieb des Heisenberg-Gymnasiums festgelegt. Auch DIE LINKE hat den Neubau befürwortet. Allerdings hat sich die Ratsfraktion DIE LINKE im Juni 2015 dagegen ausgesprochen sich schon in einer so frühen Phase der Planung auf ein PPP-Modell festzulegen. Es kam wie es kommen musste, die Kosten liefen aus dem Ruder. Die Verwaltung war in der Zwickmühle nach EU-Recht zu vergeben oder die Bieter zu entschädigen. Von der ganzen Miesere erfuhr meine Fraktion erst während der Ratssitzung am 11. Oktober, unmittelbar bevor die Entscheidung des Rates anstand.

In der Ratssitzung war, durch Ratsmitglieder, den Ersten Beigeordneten und den Bürgermeister, wiederholt die Rede davon, dass die Fraktionen über eine Arbeitsgruppe in den Planungsprozess eingebunden gewesen seien. Die Ratsfraktion DIE LINKE. Gladbeck, der die Existenz dieser Arbeitsgruppe bis dahin völlig unbekannt war, wandte sich in einer Anfrage an den Bürgermeister um mehr über diese mysteriöse Gruppe zu erfahren. In seiner Antwort schreibt der Bürgermeister uns überraschend, dass diese Arbeitsgruppe gar nicht existiert hat. Erwähnt werden die verwaltungsinterne Projektgruppe und das Architekturgremium. In der Antwort heißt es wörtlich: „Eine weitere Arbeitsgruppe wurde nicht gebildet.“ Dies ist umso erstaunlicher, da Ratsmitglieder gegenüber der LINKEN Fraktion bestätigt haben, dass sie zu Sitzungen dieser Arbeitsgruppe eingeladen wurden und daran teilgenommen haben. Zudem ist von Teilnehmern der nicht existierenden Arbeitsgruppe zu erfahren, dass dort nur Fraktionsmitglieder von SPD, CDU und Grünen teilgenommen hätten, andere Fraktionen seien dort nicht vertreten gewesen.

Sowohl die offenkundige Existenz der Arbeitsgruppe, als auch deren Verleugnung zeigen das mangelhafte Demokratieverständnis der Verwaltung und das problematische Verhältnis des Bürgermeisters zur notwendigen Transparenz. Klar ist jetzt jedenfalls, dass in Sachen Heisenberg-Gymnasium nicht nur „auf den letzten Metern“ etwas nicht rund lief. Die Ausgrenzung eines großen Teils der Opposition erfolgte schon zu Beginn des Ausschreibungsprozesses. Es war nie beabsichtigt alle einzubinden und transparent zu informieren.

Aber kommen wir zum Etat für 2019. Der Verwaltung ist es gelungen den Haushaltsausgleich für 2019 darzustellen. Hilfreich war hierzu sicher, dass die Kreisumlage kräftig gesenkt wurde. Der Landrat konnte mit Einsparungen bei der Unterhaltung des Kreishauses und der Brücken Rücklagen bilden auf die zurückgegriffen wird. Damit wollte der Landrat den Städten den Umgang mit dem geplanten Kreishausneubau erleichtern. Irgendwie verlief die Angelegenheit dann ganz anders als geplant. Ein kreisweites Bürgerbegehren hatte einen fulminanten Erfolg, so dass der Landrat die Notbremse zog und der Kreistag dem nicht ausgezählten Bürgerbegehren zustimmte.

Das Risiko, dass der Haushalt scheitern könnte besteht weiterhin, da das Altschuldenproblem noch immer nicht gelöst ist. Respekt jedoch an Herrn Bunte und sein gesamtes Team, denen es offenbar gelungen ist einen Haushalt so durch das Jahr zu bringen wie er eingebracht wurde, ohne neue Schulden zu machen.

Die Kassenkredite der Stadt Gladbeck sind ein besonders hervorstechender Indikator für die prekäre Haushaltslage unserer Gemeinde. Diese schier unglaubliche Last an Schulden, die mit dem Stärkungspakt-Gesetz zementiert wird, werden wir ohne fremde Hilfe nie tilgen können, da hilft auch keine geschönte Bilanz bei den Immobilien. Diese Schuldenlast kann nur an die nächste Generation übergeben werden. Dies muss aber in geordneter Form und zu kalkulierbaren Bedingungen erfolgen.

Meine Damen und Herren,

wir brauchen eine Verkehrswende auch in Gladbeck.

Die Diesel-Fahrverbote die im nächsten Jahr auch für Gladbecker Pendler Wirklichkeit werden sind eine Ohrfeige für die Große Koalition aus CDU und SPD, die mit ihrer jahrelangen Untätigkeit, in der Absicht die Automobilhersteller zu schonen, vollkommen versagt hat. Statt Belohnungen für Dieselbetrüger und Bestrafung der Betrogenen mit Fahrverboten ist hier ein völlig anderes Vorgehen erforderlich. Die offene Kumpanei der Bundesregierung mit den Betrügern ist der Öffentlichkeit nicht mehr zu vermitteln und schreckt die Bürger ab.

Es ist an der Zeit die Mobilität in der Stadt neu zu denken. Mehr als zwei Drittel der Bevölkerung (71 Prozent) wollen einen kostenfreien ÖPNV (aktuelle repräsentative Umfrage von infratest-dimap). Der Ausbau der öffentlichen Infrastruktur, auch des Radverkehrs, und der kostenfreie ÖPNV können durch Wegfall der Dieselsubventionen, durch Einführung einer Vermögenssteuer und eine Abgabe der Automobilindustrie finanziert werden. Nach einer Studie der Universität Kassel ist der Autoverkehr wegen der Folgekosten für die Kommunen dreimal so teuer wie der ÖPNV. Die Fahrradfahrer, die Fußgänger und der öffentliche Nahverkehr müssen sich den zugeparkten Raum zurückerobern. Gladbeck muss sich radikal wandeln - und zwar schnell. Die von SPD, CDU und Grünen geforderten 50.000 Euro mehr für Radwege sind deutlich zu kurz gesprungen und helfen in der Sache nicht weiter.

Wir Gladbecker müssen an den Planungen für den Oberhof und Bahnhof Ost unbedingt festhalten um auch hier die notwendigen Verbesserungen zu erreichen. DIE LINKE hat die Bestellung eines Mobilitätsbeauftragten für die Koordination, die Konzeption, Planung und Weiterentwicklung von Zielen der Mobilität vorgeschlagen. Ziel ist die Zusammenarbeit der Aufgabenträger für Verkehrsplanung und der Planung für den öffentlichen Personennahverkehr abzustimmen und die Radverkehrsplanungen in der Stadt zu koordinieren. Leider gibt es im Rat dafür keine Mehrheit.

Die chronische Unterfinanzierung – vor allem der sozial-gesetzlichen Pflichtaufgaben zu Lasten der Kommunen, die falsche Verteilung der Kosten der deutschen Einheit, eine abenteuerliche Steuerverzichtspolitik zugunsten der Wohlhabenden und eine langjährige Umverteilung von unten nach oben haben, neben Arbeitslosigkeit und Armut in der Bevölkerung, einen gewaltigen Scherbenhaufen in den Gemeinden hinterlassen. Gerade die Städte, die wie Gladbeck hohe Aufwendungen für Soziales schultern müssen geraten in eine Abwärtsspirale. Würde das Land die Zuweisungen gerechter verteilen, dann könnten auch hier kostenlose Kindergärten finanziert werden, wie es in Düsseldorf geschieht.

Trotz aller Sparanstrengungen überwiegen aber die Risiken in diesem Haushalt. Bund und Land dürfen in dieser Situation von uns kein Kaputt-Sparen fordern. Die Unterstützung der Kommunen muss endlich nach Bedürftigkeit erfolgen.

Daher stimmt DIE LINKE gegen den Haushalt.

Ich danke ihnen fürs Zuhören.

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