Rede zum Haushalt 2018

Olaf Jung
Rede Haushalt und Finanzen

Herr Bürgermeister, sehr geehrte Damen und Herren!

Es ist also mal wieder so weit, jetzt müssen wir über Geld reden, im Falle der Stadt Gladbeck also über weniger als nichts. Wie in jedem Jahr redet der Bürgermeister auch in diesem Jahr wieder über „Sparpolitik“ und „Zeiten des knappen Geldes“. Der Kämmerer hat immerhin einen ausgeglichenen Haushalt vorgelegt, aber warnt selber davor, dass der ausgewiesene Überschuss risikobehaftet sei. Dieser Überschuss, wenn er denn kommt, ist auch nicht geeignet um einen Beitrag zur Beseitigung der bestehenden Überschuldung leisten können. Man muss sich nur vor Augen führen, dass es unter besten wirtschaftlichen Voraussetzungen und zusätzlichen Landesmitteln aus dem Stärkungspackt, gerade eben gelingt einen ausgeglichenen Haushalt darzustellen – ohne jede Reserve. Was soll in der nächsten Krise werden? In Gladbeck ist die Schuldenlast dabei besonders krass gestiegen, um 154,4 % in 10 Jahren. In Millionen ausgedrückt, von 132,2 Mio. auf 341,3 Mio. bis 2016. Trotz Stärkungspackt und wirtschaftlichem Aufschwung haben wir weiter Schulden aufgebaut.

Dass der Stärkungspakt eher ein vergiftetes Geschenk ist als eine Lösung für die Unterfinanzierung der Städte liegt auf der Hand. DIE LINKE hat diese Kritik schon seit Jahren immer wieder vorgetragen ohne Beachtung zu finden. Sehr erfreut waren wir, dass unsere Kritik vor wenigen Wochen vom RWI (Rheinisch-Westfälischen Institut für Wirtschaftsforschung) bestätigt wurde. Die Wissenschaftler hatten in ihrer „Studie zum Stärkungspakt Stadtfinanzen“ festgestellt, dass durch das vom Stärkungspakt aufoktroyierte radikale Sparprogramm „sogar die Gefahr bestehe, dass die Konsolidierungsmaßnahmen – insbesondere die drastische Anhebung der Hebesätze in Verbindung mit Kürzungen öffentlicher Leistungen – die Wirtschaftskraft schwächen und so in eine Abwärtsspirale führen.“ Viel kassieren, wenig bieten – im „Geiz ist Geil“- Zeitalter kein erfolgversprechendes Konzept. Es ist mittlerweile also ein Standortnachteil Stärkungspackt-Kommune zu sein.

Was die Studie ins Gespräch bringt, ist für uns also nichts Neues. Während die Stärkungspackt-Kommunen an Wohnort- und Wirtschaftsattraktivität verlieren, bleibt ungeklärt, wie sich die finanzielle Lage nach Auslaufen des Paktes, also nach 2021 entwickeln wird. Um die drohende Abwärtsspirale zu verhindern wäre eine Gemeindefinanzreform erforderlich, welche die Finanzierung strukturarmer Städte grundsätzlich verbessern und sichern würde.

Die Parteien CDU, SPD, FDP und Grüne waren oder sind dort in wechselnden Koalitionen in der Verantwortung, aber über den Stärkungspakt hinaus hat es von ihnen bisher keine weiteren Maßnahmen zur Sanierung der kommunalen Finanzen gegeben. Auch die nun drohende GroKo wird daran nichts ändern, wenn kein Druck von unten kommt. Die meisten der hier im Rat Sitzenden vertreten eine dieser Parteien. Wir können nur an Sie appellieren: Treten Sie Ihren Abgeordneten auf die Füße, zwingen Sie sie zum Handeln, wenn sich die Abwärtsspirale nicht noch weiter drehen soll. Wenn nichts passiert, werden diese Schulden zur Verödung der Stadt Gladbeck führen.

Die Gelegenheit zum Handeln war noch nie so günstig wie jetzt. Die Steuereinnahmen sprudeln nur so. Der Bund schwimmt in Geld und auch dem Land scheint es nicht schlecht zu gehen. Die schwarz-gelbe Koalition, die vor allem mit dem Versprechen solider Haushaltsführung die Wahl gewann, leistet es sich über 130 neue hochdotierte Stellen zu schaffen, dazu noch eine höchst überflüssige Stelle eines Brexit – Beraters – aber das nur am Rande.

Auch die Situation auf dem Kapitalmarkt ist so günstig wie nie. Da die Zinsen bei fast null liegen und die angepeilte Inflationsmarge von 2 % fast erreicht ist, bedeutet das, dass der Staat, der unter diesen günstigen Umständen am Kapitalmarkt Geld aufnimmt, tatsächlich schon mit dem bloßen Akt der Finanzierung einen Gewinn macht. Eine Regierung, die in dieser Situation die „Schwarze Null“ wie eine Monstranz vor sich her trägt und diese einmalige Chance nicht nutzt um bestehende finanzielle Probleme zu lösen, verhält sich verantwortungslos. Das Geld ist also da. Es fehlt allein der politische Wille es an der richtigen Stelle einzusetzen.

Leider ist es aber so, dass auch viele Kommunalpolitiker die Nöte ihrer Heimatstadt schon in der Kreisstadt Recklinghausen wieder vergessen haben. Die Bürgermeister der Kreisangehörigen Städte haben ihre kritische Sicht zur Kreisumlage dargestellt. Aber im Kreistag haben die Kreistagsmitglieder von CDU, FDP und SPD -darunter auch der Vorsitzende der SPD in Gladbeck und die erste stellvertretende Gladbecker Bürgermeisterin- die Einwendungen der Städte mit Ihrer Stimme zurückgewiesen. Soviel zur Loyalität unserer Ratsmitglieder.

Die Gewerbesteuereinnahmen der Stadt Gladbeck, sind auf die Einwohner bezogen, weit unter den NRW-Durchschnitt. Ein Grund dafür dürfte die Steuergestaltung der größeren Unternehmen sein, die ihre Gewinn dort ausweisen wo der Steuersatz für sie am günstigsten ist und nicht dort, wo die Wertschöpfung stattfindet. Leider ist die SPD in Gladbeck nicht bereit zu versuchen, diese Praxis mit einem städtischen Steuerprüfer einzudämmen. 

Ein weiteres Problem ist, dass international agierende Unternehmen Verluste im Ausland mit der Gewerbesteuer in Gladbeck verrechnen können. Dabei sind diese Unternehmen meist selbst nicht bereit Verluste innerhalb des eigenen Konzerns auszugleichen. Den Vorwurf, Siemens erwirtschafte als Konzern sechs Milliarden Euro Gewinn und streiche trotzdem Jobs, wies Siemens Aufsichtsratschef Cromme im WAZ-Interview mit den Worten zurück. „Wir können und dürfen die Gewinne anderswo nicht mit den Problemen im Kraftwerksgeschäft verrechnen. Die Zeiten der Quersubventionierungen sind wirklich vorbei.“ (WAZ 2.12.2017) Den Bürgern ist angesichts dieser Aussage und diesen Umgangs mit den Beschäftigten nicht mehr zu vermitteln warum sie auf die Gewerbesteuer dieser Unternehmen verzichten sollen. Dieser Schröder-Irrsinn muss dringend abgeschafft werden.

Seit vielen Jahren gibt es keine konsequente Anwendung des Konnexitätsprinzips, also die Erstattung der Kosten für die Pflichtaufgaben der Kommunen durch Bund und Land. Auch die neue Landesregierung führt diese Praxis fort. Dies trägt erheblich zu der defizitären Entwicklung der Kommunalhaushalte – gerade der Städte, denen es ohnehin schon schlecht geht - bei. Gleiche Lebensverhältnisse im Land, wie vom Grundgesetzt gefordert, wird man mit dieser Form der kommunalen Finanzierung nicht erreichen.

Lassen Sie es mich zum Abschluss noch einmal betonen: Als LINKE Fraktion lehnen wir die Bevormundung und die Zwangsbewirtschaftung der Stadt Gladbeck durch die Landesregierung oder einen Sparkommissar ab. Wir sehen es nicht ein, dass der Gladbecker Bürger mit seinem Geld und seiner Lebensqualität die Löcher stopfen soll, die eine katastrophale Fiskalpolitik, vor allem des Bundes, zugunsten von Unternehmen, Banken und Spekulanten gerissen hat. Aus diesem Grunde hat die LINKE auch die Teilnahme am Kürzungspakt des Landes NRW abgelehnt, er führt nicht zum Ziel sondern in eine Abwärtsspirale. Unser Weg ist es, die soziale Verteilungsgerechtigkeit wieder herzustellen, dann sind diese Kürzungen unnötig. Daher werden wir diesem auf Kante genähtem Sparhaushalt nicht zustimmen. Unsere Schuldenbremse ist die Vermögenssteuer.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit

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