Halde Moltke

Olaf Jung
Anfrage Umwelt

Sehr geehrter Herr Bürgermeister,

bereits am 02.10.2018 hat sich die Fraktion DIE LINKE. Gladbeck mit einer Anfrage zur Moltkehalde an Sie gewandt. Diese Anfrage habe Sie freundlicherweise an die RAG Montan Immobilien GmbH weitergeleitet. Die Antwort der RAG Montan Immobilien GmbH, die uns am 20.12.2018 erreichte war eher unbefriedigend. In der Folge baten wir um Auskunft nach dem UIG NRW bei der Bezirksregierung Arnsberg. Die Bezirksregierung Arnsberg hat unsere Fragen umfassend beantwortet.

Eine unserer Fragen lautete: Kann ausgeschlossen werden, dass in der Halde Moltke I neben Waschbergen und Teufbergen auch Kesselschlacke oder Kokereiabfälle wie Steinkohlenteer oder phenolhaltige Schlämme abgelagert wurden? Hierauf wurde geantwortet, dass die Moltkehalde für die Entsorgung von Rückständen aus der Steinkohlenwäsche zugelassen sei und keine Information über die Verbringung nicht zugelassener Materialien vorläge.

In der Sitzung des Umweltausschusses am 23. September 2019 kam dann unter TOP 5 „Bergehalde Graf Moltke III/IV" zur Sprache, dass bei der Sanierung und Rekultivierung des Nattbach im Bereich der Moltkehalde Kokereiabfälle gefunden wurden.

Daher ergeben sich weitere Fragen:

  • Wo wurden im Bereich der Moltkehalde 1 Rückstände aus der Kokerei gefunden?
  • Bis in welche Tiefe und zu welchen Grundwasserhorizonten konnten Belastungen des Grundwassers mit kokereitypischen Rückständen festgestellt werden?
  • Ist die Ausdehnung der Schadstofffahne ermittelt worden? Falls ja, bitte Darstellung in einer Karte.
  • Gibt es aufgrund der Grundwasserverunreinigung mit kokereitypischen Schadstoffen Einschränkungen für die Nutzung des Grundwassers? Falls ja, welcher Bereich ist betroffen?
  • Wurden weitere Bereiche der Moltkehalde 1, die nicht von der Sanierung und Rekultivierung des Nattbach betroffen waren, auf Kokereirückstände untersucht? Falls ja, welche Bereiche und mit welchem Ergebnis?
  • Wurden bei der Sanierung des Nattbachs auch an weiteren Stellen, außerhalb der Halde, Rückstände aus der Kokerei festgestellt und welche Sicherungen zur Unterbindung des Wirkungspfades und zum Grundwasserschutz wurden dort gegebenenfalls ergriffen?
  • Welche Erkenntnisse liegen über Grundwasser- und Bodenbelastungen am ehemaligen Standort der Kokerei Moltke 3/4 nördlich der Moltkehalde 1 vor und welche Sicherungen zur Unterbindung des Wirkungspfades und zum Grundwasserschutz wurden dort gegebenenfalls ergriffen?

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Antwort

Volker Kreuzer, Baurat

Die für die Halde Moltke I verantwortliche RAG Montan Immobilien GmbH sowie die Bezirksregierung Arnsberg haben mir zwischenzeitlich Antworten zu Ihren Fragen zugeleitet.

Darüber hinaus haben Vertreter von RAG und Bezirksregierung in einer Bürgerinforma­tionsveranstaltung am 26.11.2019 über den Zustand der Halde berichtet. Siehe dazu auchbeigefügten WAZ-Artikel. Es wurde darüber informiert, dass keine Gefährdung für die
Umwelt und die Bevölkerung auszumachen sei.

Frage 1:
Antwort der Bezirksregierung:

Im Rahmen des Abschlussbetriebsplanverfahrens Bergehalde Graf Moltke I liegen hierzu keine Untersuchungen und demzufolge auch keine Ergebnisse vor. Bei den Maßnahmen zur Sanierung der Ostböschung der Halde Moltke I wurden hier in einem räumlich eng umgrenzten Haldenbereich Belastungen vorgefunden. Diese wurden über das Gutachten der DMT Nr. 11700-2010-011 v. 17.11.2010 dokumentiert. Im Zuge der Sanierung wurde u.a. dieser Bereich an die Drainage und Grundwasserreinigungsanla­ge angeschlossen.

Antwort der RAG:

Im Rahmen von Vorerkundungen im Haldenbereich der Bergehalde Moltke I zum Natt­bach wurden bei Bohrungen Kontaminationen erbohrt. Zur genaueren Erkundung des Schadensbereichs wurden Bohrungen südlich der Welheimer Straße ("Pferdekoppel") durchgeführt. Ein Direktkontakt der dort angetroffenen Kontaminationen für den Gefähr­dungspfad Boden/Mensch kann aufgrund der Tiefenlage ausgeschlossen werden, aller­ dings kommt es dadurch zu Belastungen des Grundwassers. Die südlich der Welheimer
Straße errichteten Drainagen tragen diesen Erkenntnissen Rechnung und fassen das kon­taminierte Grundwasser wirkungsvoll und leiten es zur Grundwasserreinigungsanlage. Ein Zustrom zum Nattbach wird so unterbunden. Das vollständige Gutachten der DMT vom 17.11.2010 ist Bestandteil des Abschlussbetriebsplans und liegt somit auch der Stadt Gladbeck vor.

Frage 2:
Antwort der Bezirksregierung:

Das aktuelle Grundwassermonitoring im Bereich der Bergehalden Moltke I und II berück­sichtigt die Grundwasserleiter im Quartär und im Kluftgrundwasserleiter der Oberkreide. Die Monitoringunterlagen zum Monitoring 2015/2016 wurden u.a. der Stadtverwaltung mit Schreiben vom 29.08.2017 - 62.42.63-2003-1 übersandt. Die Grundwasserüberwachung in den jeweiligen Horizonten erfolgt im Teufenbereich von ca. 5 Meter (Quartär) bis ca. 30 Meter (Kreide). Der Grundwassermonitoringbericht der
DMT vom 26.07.2017 - Nr. 11700-09-164- legt dar, dass die Wässer im Kreide- bzw. Quar­tärhorizont durch haldentypische Inhaltsstoffe und kokereispezifische Schadstoffe (Arsen, Cyanide, aliphatische und aromatische Kohlenwasserstoffe) beeinflusst werden. Ausweis­ lich des Monitoringberichts für den Zeitraum 2015/2016 sind an der Messstelle Hl, die anstromseitig im Bereich der Nordböschung der Halde liegt, sowohl im oberen als auch im unteren Grundwasserstockwerk erhöhte PAK und BTEX Werte ermittelt worden. Berück­sichtigt man die generelle Grundwasserfließrichtung von Nord nach Süd, ist festzustellen, dass die Grundwassersituation im Bereich der Bergehalde Moltke I und II anstromseitig durch Stoffeinträge aus dem Standort der ehemaligen Kokerei Graf Moltke geprägt ist. Durch die abgelagerten Bergemassen erfolgt ferner ein haldentypischer Stoffeintrag (z.B. Chlorid, Sulfat) ins Grundwasser. Die Arsen- und Cyanidbelastungen liegen im Wesentlichen im Bereich der jeweiligen
analytischen Bestimmungsgrenze.

Antwort der RAG:
Es werden zwei Grundwasserstockwerke im Monitoring betrachtet (Quartär und Recklinghäuser Sandmergel [Oberkreide]), die in unterschiedlichen Tiefen verlaufen. Die Details zu den einzelnen Pegeln sind dem Bericht zum Grundwassermonitoring 2017 zu entnehmen. Auch dieses Gutachten ist Bestandteil des Abschlussbetriebsplanes und liegt der Stadt Gladbeck vor.

Frage 3:
Antwort der Bezirksregierung:
Explizite Untersuchungen zu Schadstofffahnen bzw. einer Schadstofffahnenausdehnung haben nicht stattgefunden. Das bestehende Grundwassermonitoring deutet jedoch auf eine nahezu stationäre Gewässerbelastung hin. Die im Süden der Halde gelegenen Ab­ strompegel weisen im Vergleich zum Anstrom an der Nordseite der Halde keine bzw. nur geringe PAK- und BTEX-Belastungen auf.

Antwort der RAG:
Nein, das belastete Grundwasser wird nachweislich durch die errichteten Brunnen und die Drainage gefasst.

Frage 4:
Antwort der Bezirksregierung:
Die Grundwassermonitoringmaßnahmen/-ergebnisse werden mit den Trägern öffentlicher Belange (z.B. der Stadt, dem Kreis Recklinghausen und der Emschergenossenschaft) kom­muniziert. Eine Nutzungseinschränkung des Grundwassers, die durch das zuständige Gesundheitsamt des Kreises Recklinghausen zu veranlassen wäre, liegt nach hiesiger Kenntnis im in Rede stehenden Bereich nicht vor.

Antwort der RAG:
Mögliche Einschränkungen zur Nutzung des Grundwassers werden durch den Kreis Reck­linghausen festgelegt.

Frage 5:
Antwort der Bezirksregierung:
Eine weitere Untersuchung der Bergehalde I auf kokereispezifische Rückstände ist nicht erfolgt. Hierzu gab es im Zuge des Abschlussbetriebsplanverfahrens für die Bergehalde I auch keine Veranlassung, da die Halde nur mit Bergematerial aus der Kohlenaufbereitung geschüttet wurde und keinerlei Anhaltspunkte für eine Ablagerung anderer Materialien hier aktenkundig sind.

Antwort der RAG:
Nein.

Frage 6:
Antwort der Bezirksregierung:
Im Zuge des bergrechtlichen Abschlussbetriebsplans für die Bergehalde Moltke I erfolgt auch eine Altlastenerkundung bzw. eine Sanierung der Ostflanke der Bergehalde I (Brun­nen, Spundwand, Drainage, Grundwasserreinigungsanlage) entlang des ehemaligen Natt­bachs. Die Ergebnisse aus der aktuellen Untersuchung im Bachbett des Nattbachs Anfang 2019 der DMT wurden der Stadt mit Anschreiben vom 15.03.2019 zur Kenntnis gebracht. Der Gutachter kommt in seiner plausiblen und nachvollziehbaren Darlegung zu dem Ergebnis, dass „lokale Beeinträchtigungen des Grundwassers im Nahbereich des Nattbachs belegt wurden". „Eine Ausbreitung über den Gewässerabstrom ist auf Grund der laufenden Sanie­rungsmaßnahmen des Nattbachs eher unwahrscheinlich". Gleichwohl werden auf Empfeh­lung der DMT weitere Untersuchungen im Verlauf der Nattbach-Alttrasse auf kokereispe­zifische Beeinträchtigungen durchgeführt. Die Untersuchungen erfolgten im Herbst 2019. Die Ergebnisse werden nach Vorliegen wieder kommuniziert.

Antwort der RAG:
Siehe Antwort zu Frage 1.5

Frage 7:
Antwort der Bezirksregierung:
Die Kokerei Graf Moltke III/IV wurde 1930 stillgelegt. Über die Stilllegung bzw. den Rück­bau der Kokerei liegen hier, u.a. bedingt durch Kriegsschäden, keine Unterlagen mehr vor. Nachfolgend der Einstellung der Kohlegewinnung auf der Schachtanlage Graf Moltke III/IV, endete die Bergaufsicht über den Bereich der Schachtanlage und Kokerei Graf Molt­ke III/IV im März 1976. Mit Ende der Bergaufsicht liegt die Zuständigkeit für Maßnahmen, bezogen auf Boden- und Grundwasserbelastungen im angefragten Bereich, beim Kreis Recklinghausen.

Antwort der RAG:
Diese Fläche ist durch die Entwicklungsgesellschaft Brauck im Rahmen der Realisierung des dortigen Gewerbegebietes bearbeitet worden.

Antwort der Stadt:
Durch Grundwasseruntersuchungen konnte nachgewiesen werden, dass im zentralen Teil der Kokerei/Nebengewinnungsanlagen beide Grundwasserstockwerke (Quartär und Recklinghäuser Sandmergel) stark durch PAK, BTX-Aromaten, Phenole, Cyanide und andere kokereispezifische Stoffe verunreinigt sind. Die Verlagerung der Schadstoffe erfolgt über­ wiegend vertikal (nachgewiesen bis in 30 m Tiefe). Im weiteren Abstrom (horizontal) konn­ten nur mäßige Verunreinigungen nachgewiesen werden. Die stark kontaminierten Bereiche der Kokerei/Nebengewinnung wurden zum Schutz des Grundwassers aufwändig saniert. Das von der DMT entwickelte GEO-Safe-System (ca. 1,50 m mächtig) besteht aus einem Schutzflies, der Kunststoffdichtungsbahn sowie einer Entwässerungsschicht mit Dränage­ rohren. Durch das Schutzsystem werden effektiv der Eintrag von Niederschlagswasser und
der Direktkontakt zum verunreinigten Material unterbunden.


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