Keine Privatisierung des Heisenberg Gymnasiums

LINKE wendet sich mit einem "Offenen Brief" an Bürgermeister Roland

Olaf Jung
PM Haushalt und FinanzenPM Schule

Aus Sorge um eine möglicherweise völlig falsche Weichenstellung bei der Finanzierung, dem Bau und dem Betrieb des Neubaus am Heisenberg Gymnasium und dem damit verbundenen erheblichen Schaden die Stadt Gladbeck wendet sich die Ratsfraktion DIE LINKE an Bürgermeister Roland.

Die Stadt Gladbeck, die am Stärkungspakt des Landes NRW teilnimmt, befindet sich in einer komplizierten finanziellen Lage. Der Gedanke, den nahezu überall zu verspürenden "Investitionsstau" der öffentlichen Hand durch Öffentlich-Private Partnerschaften aufzulösen, liegt daher für die Verantwortlichen der Stadt Gladbeck möglicherweise nahe. In der Vergangenheit sind in Deutschland viele Projekte verschiedenster Art als so genannte ÖPP-Projekte durchgeführt worden. Leider hat sich gezeigt, dass die Prognosen auf eine kostensparende Lösung in den meisten Fällen falsch waren. Nachprüfungen solcher ÖPP-Projekte durch Bundes- und Landesrechnungshöfen haben bewiesen, dass die allermeisten ÖPP-Projekte zu einem finanziellen Schaden bei den betroffenen Ländern und Kommunen geführt haben. Die Wirtschaftlichkeitsprognosen, die der Entscheidung zum ÖPP-Projekt vorangingen, waren in den meisten Fällen falsch.

Viele Landesregierungen haben bereits beschlossen, keine ÖPP-Projekte mehr durchzuführen und stattdessen notwendige Infrastrukturmaßnahmen in klassischer, öffentlicher Art und Weise durchzuführen, weil dies die kostengünstigere nachhaltigere Alternative ist. Da verwundert es sehr, dass in Gladbeck aufgrund einer kurzen PowerPoint Präsentation der Beraterfirma Ernst & Young der Rat der Stadt die Realisierung des Neubaus Heisenberg Gymnasium als ÖPP-Projekt beschließen soll. Ernst & Young hat nicht nur auch die entsprechenden Beratungsleistungen beim neuen Gladbecker Rathaus geleistet, Ernst & Young hat auch Beratungsleistungen für das ÖPP-Schulprojekt in Offenbach geleistet. Dieses Projekt hat sich als katastrophaler finanzieller Misserfolg erwiesen. Die jährlichen Zahlungen, die der Kreis Offenbach mittlerweile für dieses Projekt an die beteiligten Privatfirmen leisten muss liegen bei 82 Millionen Euro. Zum Zeitpunkt der Gremienentscheidungen waren 52 Millionen Euro jährlich prognostiziert. Der Landesrechnungshof erwartet für das Jahr 2019 sogar 95 Millionen Euro. Fünf Schulen stehen mittlerweile leer, müssen aber weiter bezahlt werden.

Häufig schon wurde gezeigt, dass Wirtschaftlichkeitsberechnungen von Beraterfirmen im Verlauf von PPP-Projekten falsch sind. Es wird immer wieder eine gewisse Anfälligkeit der Beraterfirmen für interessengesteuerte Berechnungsverzerrungen konstatiert. Auch bei den Berechnungsergebnissen von Ernst & Young zum Heisenberg Gymnasium sind, soweit sie überhaupt vorliegen, unverständliche Nachteile für die Kostenrechnung einer Eigenrealisierung und offensichtlich unbegründete Vorteile für die ÖPP-Alternative zu finden.

Erst seit Mai wird durch die oben beschriebene Studie behauptet, dass eine ÖPP-Realisierung des Neuen Heisenberg Gymnasiums und die Jahrzehntelange Bewirtschaftung durch ein Privatunternehmen die kostengünstigste Alternative wäre. Von Seiten der Beraterfirma Ernst & Young wurde in keinster Weise auf die negativen Erfahrungswerte bereits realisierter und noch laufender Projekte eingegangen. Bei dieser offenbar geschönten Darstellungsweise stellt sich die Frage, inwieweit die Wirtschaftlichkeitsbetrachtung überhaupt inhaltlich in belastbar ist. Ohne eine kritische Analyse, zum Beispiel durch den Landesrechnungshof, kann die Wirtschaftlichkeitsbetrachtung von Ernst & Young keinesfalls eine ausreichende Entscheidungsgrundlage für ein weiteres ÖPP-Projekt in Gladbeck sein. Sinnvoll wäre es auch, endlich eine Evaluation des ÖPP-Projektes Gladbecker Rathaus durchführen zu lassen. Zudem ist die Entscheidung über die Finanzierung des Neubaus des Heisenberg Gymnasiums ist zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht erforderlich.

Die Ratsfraktion DIE LINKE bittet Bürgermeister Roland, eine vorschnelle Entscheidung zu verhindern und in der Ratssitzung in der nächsten Woche deutlich zu machen, dass es noch viel zu viele offene Fragen gibt, um eine Entscheidung fällen zu können. Danach können Politik, Verwaltung und Bürgermeister in aller Ruhe mit relevanten gesellschaftlichen Gruppen über den besten Weg zu einem neuen Gymnasium beraten.


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