Oberverwaltungsgericht: Platzvergabe bei der Ratssitzung 2015 verstieß gegen Sitzungsöffentlichkeit

Schleifen des Ratsbürgerentscheides mit schwerem Makel

Olaf Jung
PM Juristisches

In der Berufungsverhandlung vor dem Oberverwaltungsgericht Münster zu der mangelhaften Öffentlichkeit in der Ratssitzung von November 2015 hat auch das Oberverwaltungsgericht zu Gunsten der Linken geurteilt. Genau wie das Verwaltungsgericht Gelsenkirchen urteilt auch das OVG, dass die gezielte Verteilung von Platzkarten an Ratsfraktionen und die Reservierung der vordersten Zuschauerplätze an vom Bürgermeister ausgesuchte Besucher gegen eine der Grundregeln unserer Demokratie, das Prinzip der Sitzungsöffentlichkeit, verstößt. Bürgermeister Roland überschritt seine Befugnisse, als er sich in demokratieferner Weise sein Wunschpublikum zusammenstellte. Dieses Urteil des OVG Münster ist eine heftige Pleite für Noch-Bürgermeister Roland. Das unzureichende Demokratieverständnis des Bürgermeisters wird seit Langem von vielen Bürgern und auch anderen Parteien kritisiert.

In der mündlichen Urteilsbegründung hat der Vorsitzende ausgeführt, der Rat der Stadt habe gegen den Grundsatz der Öffentlichkeit von Ratssitzungen verstoßen. Sitzungsöffentlichkeit bedeute, dass grundsätzlich eine Zugangsmöglichkeit für jedermann ohne Ansehen der Person im Rahmen der verfügbaren Kapazitäten bestehe. Für die Sitzung wurden 24 Karten an die Presse, an Funktionsträger und an Personen im Umfeld des Bürgermeisters vergeben. 25 Plätze erhielten die Ratsfraktionen nach Proporz. Das verbleibende Kontingent von 24 der insgesamt 73 Plätze vergab die Verwaltung nach der Reihenfolge der telefonischen Anfragen an interessierte Bürgerinnen und Bürger. Dieser Rechtsverstoß führt nach Auffassung des OVG aber nicht zur Nichtigkeit der gefassten Beschlüsse, da diese Vorgänge trotz der fehlerhaften Platzvergabe noch vor den Augen einer Öffentlichkeit stattfanden, wenn diese auch unvollkommenen war.

Demnach wurde in dieser Sitzung der Ratsbürgerentscheid von 2012 unter nicht rechtskonformen Bedingungen außer Kraft gesetzt. Die damit verbundene Beauftragung des Bürgermeisters, einen Vereinbarungsentwurf mit Bund und Land zum Bau der A 52 zu unterzeichnen, hat heute zwar keine Bedeutung mehr, da der Bundesverkehrsminister seine Unterschrift verweigerte und die dort festgehaltenen Punkte auch in den bisher vorgelegten Planungen nicht berücksichtigt wurden. Dass aber das Schleifen des mit großer Bürgerbeteiligung und deutlicher Mehrheit gefassten Ratsbürgerentscheides von 2012 unter diesen unzureichenden undemokratischen Verhältnissen geschah, wird aber als schwerer Makel in die Stadtgeschichte eingehen.


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